KLASSIK
Joaquin Rodrigo, M anuela de Falla
CONCIERTO DE ARANJUEZ U. A.
Milos Karadaglic, London Philharmonic Orchestra,
Yannick Nézet-Séguin
DG/Universal CD_________________________ (60)
Milos Karadaglic geht seinen Weg,
und es ist so w eit: Unweigerlich
muss eine G itarristenkarriere zu
dem großen spanischen Kompo-
nisten Joaquiri Rodrigo führen, der
das Repertoire um betörend schö-
ne W erke bereichert hat, allen vo-
ran das berühm te „Concierto de
Aranjuez“ und die „Fantasia pa-
ra un gentilhom bre“ - Schlüssel-
werke der konzertanten Gitarren-
literatur, die den Aufstieg des Ins-
trum ents im
20
. Jahrhundert m aß-
geblich beflügelt haben. Der sehn-
suchtsvolle zweite Satz aus dem
„Concierto de Aranjuez“ hat einen
regelrechten Kultstatus erlangt,
w eit über die klassische M usik-
szene hinaus. Man hört ihn über-
all, im Aufzug w ie beim Dinner im
Edelrestaurant. Ergänzt werden
diese konzertanten Stücke m it
drei Solowerken: M anuel de Fal-
las „Hom enaje“ , geschrieben im
Gedenken an Claude Debussy, und
„Danza del M olinero“ (Tanz des
Müllers) aus dem Ballett „Der Drei-
spitz“ (Bearbeitung) sowie Rodri-
gos „Invocacion y danza“, die w ie-
derum eine Hom m age an de Fal-
la ist.
Und Karadaglic ist der hochsen-
sibel schattierende Interpret die-
ser so klangsinnlichen M usik, er
spielt em otional kontrolliert, kul-
tiviert und nie exaltiert. Und er hat
das Glück, in Yannick Nezet-Seguin
einen Dirigenten neben sich zu ha-
ben, der das London Philharm o-
nic Orchestra zu hellwachem M it-
gestalten anim iert. Es ist auch ein
Verdienst der Aufnahm etechnik,
dass der Orchesterpart sehr fein-
gezeichnet und transparent abge-
bildet wurde.
Bei allem Kult um den mit per-
fekt gestrickter PR-Strategie auf-
gebauten Star „M ilo s“ sollte man
aber nicht vergessen, dass es noch
andere herausragende Gitarristen
gibt.
Norbert Hornig
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CDs
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NEUES
AUS
DER
M U S I K W E L T
Wie es gehen könnte, hören w ir im
Adagio des Quartetts op.
76,1
von
Joseph Haydn: In der Reprise gibt
das Quatuor Modigliano dem The-
ma plötzlich eine gedeckte Farbe.
Als sänge das Ensemble hier mit
leicht belegter Stimme. Ein Moment
von größter Intim ität, der einem so-
fort einen Schauer über den Rücken
jagt. Das ist wirklich schön. Aber
(zu) selten.
Über weite Strecken begnügt sich
das Ensemble in seiner zweiten
Haydn-Aufnahm e nämlich dam it,
den Notentext kultiviert zu spie-
len. Das w ar’s. Aber die möglichen
Geschichten, die Ausdrucksdimen-
sionen dahinter bleiben oft unent-
deckt. Ein Piano klingt dann eben
leise, aber nicht geheimnisvoll. Und
Henry Purcell
MUSIC FOR A WHILE
Philippe Jaroussky, Gianluigi Trovesi u. a.,
L'Arpeggiata, Christina Pluhar
Erato/Warner CD (76' ) + Bonus-DVD + (20')
Christina Pluhar ist es zu verdan-
ken, dass das Wort „Cross-over“ ei-
niges von seinem Schrecken verloren
hat. Während viele meinen, schon im
Trend zu liegen, wenn sie nur mög-
lichst Disparates auf Gedeih und Ver-
derb zusammenmixen, kreiert die
Lautenistin und Ensembleleiterin
Projekte, die so selbstverständlich
daherkommen, als könne es nur so
und nicht anders sein. Wenn sich
Folklore und „klassische“ Musik
begegnen, mag das noch recht ge-
schmeidig gehen, peinlich wird’s al-
lerdings oft, wenn die so genannte
E-Musik-Fraktion im Hoheitsgebiet
des Jazz wildert. Aber auch dieser
Spagat ist hier keine Hürde.
Die Musik Henry Purcells ist der
Kristallisationspunkt dieses Albums.
Eine Sopranistin, ein Altus und zwei
ein Presto wie am Ende des Quar-
tetts op.
77
, ist wirklich schnell, oh-
ne zu wirbeln. Was meistens fehlt,
ist die besondere Im agination, die
Prise Extra-Zauber, die eine ausge-
zeichnete von einer sehr guten In-
terpretation unterscheiden würde.
Vieles bleibt vordergründig.
Dass die Streicher ihr Handwerk
verstehen, steht gleichwohl außer
Frage. Auch wenn sich ein paar m i-
nim ale Intonationstrübungen auf
die CD geschlichen haben. Aber am
technischen Vermögen mangelt es
nicht. Sondern am M ut und auch an
jener natürlichen Eleganz, die man
einem französischen Ensemble ei-
gentlich zuschreiben w ürde. Das
Trio aus op.
76,1
bekomm t jeden-
falls keinen organischen Schwung,
sondern begegnet dem typischen
Dreierm etrum zögerlich. Die Ent-
wicklung des Quatuor Modigliani
scheint zu stagnieren. Gegen die
nam haft besetzte Konkurrenz der
Haydn-Einsielungen - man denke
nur an die Landsleute vom Q uatu-
or Ébène - hat die Aufnahme jeden-
falls keine Chance.
Marcus Stäbler
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prominente Countertenöre stellen
das Personal für die Vokalparts,
und im Instrumentalensemble m i-
schen sich Klarinette, E-Gitarre, Kon-
zertflügel und Jazzbass mit Laute,
Theorbe, Barockharfe, Cembalo oder
Zink, und man hat im Ergebnis nicht
das Gefühl, dass hier
400
Jahre Ins-
rum entenbaugeschichte zu über-
brücken waren. Entsprechend wird
aus einer barocken Basslinie, ei-
nem „Ground“, ein jazztypischer
Walking-Bass, und was wie eine ge-
fühlvolle Ballade beginnt, entpuppt
sich als jazzharmonisches Update
einer Begleitung zu Purcells „Music
For A W hile“. Die Gesangssolisten
müssen nichts weiter tun, als das,
was sie gewohnt sind: vibratoarm
und ausdrucksstark Purcells Origi-
nalmusik singen. Keiner ist gezwun-
gen, jazzmäßig zu phrasieren, das
erledigen die, die es können. Trotz-
dem entsteht ein stimmiges Ganzes,
in dem ein Orgelpositiv auch schon
mal nach einer Hammond B
3
klin-
gen darf. Dass sich das alles zu ei-
nem kamm ermusikalisch-transpa-
renten Wohlklang mischen kann, ist
auch einer fabelhaften Aufnahm e-
technik geschuldet.
Arnd Richter
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Mo«»
'5
'
Pablo de Sarasate
SPANISCHE TÄNZE (4. HEFT) U .A .
Julia Fischer, Milana Chernyavska
Decca/Universal CD
(68’)
Wie Paganini, W ieniawski, Vieux-
temps, Joachim oder Ysaye gehör-
te der spanische Geiger Pablo de
Sarasate zu den großen Virtuosen,
die noch für ihr Instrument kom-
ponierten - und wie! Sarasate be-
reicherte das Violinrepertoire mit
einer Fülle von reizvollen Kompo-
sitionen, die im mer wieder spani-
sche Folklore auf wunderbare W ei-
se integrieren und dabei dem Gei-
ger akrobatische Virtuosität abver-
langen. Und Sarasate lebt. Gerade
hat Tianwa Yang, ein neuer strah-
lender Stern am Geigenhimmel, bei
Naxos ihre m aßstabsetzende Sara-
sate-Gesamtaufnahme abgeschlos-
sen. So kann man endlich auch die
weniger bekannten Stücke urmusi-
kalisch und auf einem überragen-
den geigerischen Niveau hören.
Und es ist überaus erfreulich,
dass sich mit Julia Fischer eine w ei-
tere exzellente Geigerin für Sara-
sate einsetzt. Für ihr Album hat sie
natürlich die sehr bekannten spa-
nischen Tänze ausgewählt, die im -
m er w ieder gern als Zugaben ge-
spielt werden: Evergreens wie „Ma-
laguena“, „Rom anza andaluza“,
„Jota navarra“ oder „Caprice bas-
que“. Aber es sind auch weniger
bekannte Werke vertreten wie die
„Serenata andaluza“.
Julia Fischer spielt Sarasate sehr
differenziert, beherrscht und mit
beeindruckender technischer Ver-
siertheit. All die vertrakten Terz-
und Flageolettpassagen nim mt sie
m it Leichtigkeit. Am Schluss des
Programms steht mit den „Zigeu-
nerw eisen“ das w ohl populärs-
te Stück. Rhapsodik, Kantabilität
und extrovertierte Brillanz sind hier
gefordert, der rasante Schlussteil
reißt unwiderstehlich mit, auch bei
Julia Fischer. Wobei auffällt, dass
Tianwa Yang die schnellen Flageo-
letts und vor allem die Pizzicati der
linken Hand noch deutlich prägnan-
ter und klarer abfeuert. Eine brillan-
te Sarasate-CD.
Norbert Hornig
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136 STEREO 6/2014
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